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 Türkisch, Tuerkisch lernen
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1990er

Die 90er-Jahre waren in der Türkei wieder durch wechselnde politische Mehrheiten und ständige Neuwahlen gekennzeichnet. Nachfolger von Akbulut wurde 1991 Mesut Yilmaz. Nachdem die ANAP die Wahlen verlor, wurde 1993 Tansu Çiller mit ihrer Partei, der DYP, Regierungschefin.

Zu Beginn der 1990er Jahre blieben die alten Parteien an der Macht. 1991 wurde die DYP stärkste Kraft und Demirel Ministerpräsident. Nach Özals Tod im Mai 1993 übernahm er das Amt des Staatspräsidenten bis 2000. Ihm folgte Tansu Çiller als Partei- und Regierungschefin (bis 1996).

Özals Kronprinz Mesut Yilmaz von der ANAP und Çiller kämpften Mitte der 1990er Jahren um die Macht, wobei das Versagen des Parlamentarismus offenkundig wurde. So weigerte sich Demirel im Juni 1997 Çiller mit der Regierungsbildung zu beauftragen und machte statt dessen Yilmaz zum Ministerpräsidenten

Mitte der 90er-Jahre stieg die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung und den etablierten Parteien stark und alte Splitterparteien sowie neue Parteien konnten bei den Wahlen seitdem große Erfolge erlangen. So ging aus den Parlamentswahlen am 24. Dezember 1995 zum ersten Mal in der türkischen Geschichte eine islamistische Partei, die Wohlfahrtspartei (RP), als stärkste politische Kraft hervor. Da sie keine Koalitionspartner fand, erhielt die zweitstärkste Kraft, die DYP, den Auftrag die Regierung zu bilden. Die DYP ging mit der ANAP eine Koalition ein.

Die Koalition zwischen der DYP und ANAP hielt aber nicht lange, weil Mesut Yilmaz nach einem Misstrauensvotum im Juni 1996 zurücktreten musste.Daraufhin bekam die RP im Juni 1996 unter Necmettin Erbakan den Auftrag, die Regierung zu bilden. Die RP ging mit der DYP eine Koaliton ein. Mit seiner Politik geriet er in Widerspruch zu der von Kemal Atatürk begründeten laizistischen Staatsdoktrin, als deren Stützen sich vor allem die Militärs sahen. Am 30. Juni 1997 musste Neçmettin Erbakan auf Druck der Militärs zurücktreten.

Nach einer kurzen Regierungsphase (Juni 1997 - November 1998) von Mesut Yilmaz war Ecevit (zu dieser Zeit in der DSP (Demokratische Links Partei)) unter wechselnden Koalitionen zusammen mit der ANAP, der DYP und der rechtsextremen MHP (Partei der Nationalen Bewegung) bis 2002 Ministerpräsident.

Die politischen Querelen und die vor allem wirtschaftsliberalistisch orientierten Programme führten in den 1990er Jahren zu einer weiterhin hohen Inflation und Massenarbeitslosigkeit. Im August 1999 hob die Regierung Ecevit das zwischenzeitig verhängte Politikverbot gegen Erbakan auf, um die Zustimmung seiner Fraktion zu einer Verfassungsreform zu erhalten und darüber internationale Kredite über den IWF zu erlangen.

Auch das verheerende Erdbeben, das am 17. August 1999 Izmit und die Marmararegion verwüstete, legte mit Istanbul auch die größte Wirtschaftszone der Türkei lahm. Rund 20.000 Menschen starben auch in Folge der mangelhaften Einhaltung der Bauvorschriften. Vor allem die ärmsten Bevölkerungsteile leiden bis heute unter den Folgen.

Seit die Türkei am 14. April 1987 in Brüssel offiziell um Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft (EG) ersucht hatte, kamen aus Europa immer neue Forderungen, die Grundlage für eine Aufnahme sein sollten. Dabei ging es einerseits um Garantien für die Umsetzung von Menschenrechten, andererseits aber um politische und wirtschaftliche Einflussnahme.

Am 1. Januar 1996 trat die Zollunion zwischen der Türkei und der Europäischen Union (EU) in Kraft, am 6. Oktober 1999 befürwortete das Europäische Parlament prinzipiell eine Kandidatur der Türkei als Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Vor allem die deutsche Bundesregierung verzögerte aber die Gespräche. Die individuelle Freizügigkeit, die die EU der Bevölkerung ihrer Mitgliedsstaaten garantiert, blieben bislang bei den Verhandlungen ausgeklammert.

Die Türkei ist eng eingebunden in die NATO. Im Zweiten Golfkrieg 1990 stellte sich die Türkei auf die Seite der USA und ihrer Alliierten und damit gegen den Irak.

Im August 1996 beendete das Parlament den Ausnahmezustand in den Kurdenprovinzen, erteilte der Armeeführung jedoch erweiterte Vollmachten bezüglich militärischer Einsätze, Verhaftungen und Zensur in allen Provinzen des Landes. Ein Waffenstillstandsangebot der PKK lehnte die türkische Armeeführung im Januar 1997 ab; am 14. Mai 1997 drangen türkische Verbände bis zu 200 km in die Kurdengebiete im Nordirak ein. Am 16. Februar 1998 spürten Agenten des türkischen Geheimdienstes Abdullah Öcalan, Führer der kurdischen PKK, in Kenia auf und brachten ihn in die Türkei. Am 25. November 1999 wurde das Todesurteil gegen ihn ausgesprochen. Das Urteil wurde nicht vollstreckt. Die offizielle Anwärterschaft auf die Mitgliedschaft in der EU führte zu einer zumindest oberflächlichen Kurskorrektur der Menschenrechtspolitik.